Am 9. Mai 2025 ist Margot Friedländer im Alter von 103 Jahren in ihrer Heimatstadt Berlin verstorben.
Margot Friedländer wurde 1921 als Anni Margot Bendheim in Berlin in eine jüdische Familie geboren. Nach der Scheidung ihrer Eltern lebte Margot mit ihrem 1925 geborenen Bruder Ralph bei der Mutter in Berlin-Kreuzberg. Nach den Novemberpogromen 1938 versuchten die drei, aus Deutschland zu emigrieren. Alle Auswanderungsversuche blieben jedoch erfolglos. Als einziger Ausweg schien die Flucht zu bleiben. Den Fluchtplan vereitelte die Verhaftung des siebzehnjährigen Bruders Ende Januar 1943. Die Mutter stellte sich, um ihren Sohn nicht allein zu lassen. Beide wurden in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort umgebracht.
Ihrer Tochter hatte die Mutter noch eine Botschaft über Freunde ausrichten lassen. „Ich habe mich entschlossen, zur Polizei zu gehen. Ich gehe mit Ralph, wohin das auch immer sein mag. Versuche, dein Leben zu machen.“ Es sind die Worte, die Margot Friedmann als Aufforderung verstand: „Die Worte haben mir die Kraft gegeben, dass meine Mutter wollte, dass ich es versuchen soll." Ohne diese Botschaft wäre sie ihrer Familie gefolgt, erzählte sie später.
Die 21-Jährige Margot beschloss, in Berlin unterzutauchen. Es folgen 15 Monate im Untergrund in verschiedenen Verstecken. Im April 1944 wurde sie bei einer Straßenkontrolle verhaftet und in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert – ein „Zwischenreich, nicht Leben, nicht Tod“, wie sie später sagte. Hier traf sie Adolf Friedländer, den sie schon aus Berliner Kulturkreisen kannte. Beide heirateten kurz nach Kriegsende und emigrierten in die USA. Nach dem Tod ihres Mannes 1997 veröffentlichte Margot Friedländer erste Erinnerungen, die von ihrer Befreiung aus dem Konzentrationslager handelten. 2003 besuchte sie ihre Heimatstadt, aus der sie mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor deportiert worden war; seit 2010 lebte sie wieder in Berlin.
2008 erschien ihre Autobiografie „Versuche, dein Leben zu machen“. Bis zuletzt erzählte in Schulen, in Interviews und auf Gedenkveranstaltungen von ihrem Leben, um an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern. Für dieses Engagement erhielt Margot Friedländer zahlreiche Auszeichnungen. Im Juni 2018 – im Alter von 96 Jahren – wurde sie Berliner Ehrenbürgerin. Im gleichen Jahr erhielt sie, gemeinsam mit Esther Bejarano und Walter Frankenstein, den Preis der Deutschen Gesellschaft e. V. für Verdienste um die deutsche und europäische Verständigung, der all jene Zeitzeugen würdigen sollte, die sich für die Erinnerung an die menschenverachtende Diktatur des Nationalsozialismus eingesetzt haben.
10.05.2025